Die Sojasauce ohne Soja aus der Steiermark
. Peter Troißinger war auf der Suche nach einer Sojasauce aus
heimischen Produkten. Gemeinsam mit Christof Winkler-Hermaden
produziert er nun eine Würzsauce aus steirischen Süßlupinen.
. VON KARIN
SCHUH
foto Clemens Fabry
Die Sojasauce ist vielleicht nicht gerade das Produkt, das man mit
der Steiermark verbindet. Kernöl wäre da wohl eher passend, Käferbohnen oder
auch der steirische Kren. Sojasauce assoziiert man hingegen gemeinhin mit der asiatischen
Küche. Doch das kann sich bald ändern, immerhin gibt es sie nun auch in der
steirischen Variante.
Streng genommen ist es aber gar keine Sojasauce, die ein junger
Koch gemeinsam mit einem jungen Winzer
und Mikrobiologen im Südosten der Steiermark herstellt. Vielmehr ist es eine
fermentierte Würzsauce aus Süßlupinen, die aber vom Geschmack, den
Verwendungs-möglichkeiten und auch der Produktion her am ehesten der
asiatischen Sauce aus Sojabohnen ähnelt. Wobei sich die steirische Würzsauce
weniger an industriell her-gestellten Sojasaucen orientiert als vielmehr an
jenen Saucen, die in Handarbeit entstehen und genug Zeit zum Reifen, sprich zum
Fermentieren haben.
»Ich habe schon im
Steirereck gern Sachen kontrolliert verrotten lassen.«
Für Peter
Troißinger war es nur eine Frage der Zeit, bis er eine fermentierte,regionale Würzsauce entwickelte.
Immerhin hat der junge Koch, der unter anderem bei den Obauers,
im Steirereck und auch im Ausland (Deutschland, London und China) gekocht
hat, ein Faible für fermentierte Lebensmittel. „Ich hab’ schon im
Steirereck gern Sachen kontrolliert verrotten lassen. Da haben sie immer
geschimpft, dass ich das doch lassen soll,
das steht ja schon vier Wochen.“ Wobei verrotten kein feiner
Ausdruck dafür ist, vergoren trifft es vielleicht eher. Wichtig ist jedenfalls das „kontrolliert“ dabei. Immerhin haben bei
der Fermentation spezielle Mikroorganismen Zeit, das Ausgangsprodukt
umzuwandeln
und geschmacklich zu verändern.
Vergessene Küchentechnik.
Troißinger fand es ein bisschen schade, dass man milchsauer vergorenes Gemüse
hierzulande beinahe nur noch vom Sauerkraut oder von Salzgurken kennt. „In
Tirol war es früher üblich, Mairüben zu fermentieren.
Aber das macht heute nur noch einer. Bis auf Salzgurken und Sauerkraut ist das
Thema bei uns total verschwunden“, sagt der Koch, der seit einem guten Jahr
wieder im elterlichen Restaurant Malerwinkl in Hatzendorf
tätig ist. „Das ist ein
wahnsinnig spannendes Feld.“ Mit dieser Meinung ist Troißinger derzeit
nicht allein. Nicht nur in der Spitzengastronomie entdecken immer mehr Köche
das Fermentieren für sich.
„Eine Sojasauce zu machen,
ist aber eine ganz andere Nummer.
Da braucht es noch zwei, drei Schritte mehr.“ Die hat er sich in den
vergangenen
Jahren selbst erarbeitet. Vor vier,fünf Jahren gab es nämlich kaum Literatur, die
beim Entwickeln einer fermentierten Sauce behilflich sein könnte. Bis auf jene
von Universitäten, die man genauso wenig verstehe wie die asiatischen Texte im
Original. Auf die Süßlupinen als Basis ist Troißinger recht bald gestoßen. Immerhinhaben sie einen ebenso hohen Eiweißgehalt wie
Sojabohnen. Und sie werden selbst in der Region regelmäßig von Bauern angesetzt
- wenn auch nur als Gründüngung, um den Boden zu verbessern. „Da hat der Bauer
aber keinen Ertrag. Also hab’ ich mir gedacht, wenn man die Gründüngungsfläche
zwei Monate länger stehen lässt, kann man die Lupinen ernten, und
der Bauer hat etwas Gutes für den Boden getan.“ Gemeinsam mit dem Winzer und
Mikrobiologen Christof Winkler-Hermaden, der aus dem
gleichnamigen Weingut in Kapfenstein stammt, hat er
an der Sauce getüftelt. „Unsere erste Charge haben wir aus 400
Kilo Süßlupinen gemacht. Wir dachten, da kriegen wir 200 bis 300 Liter raus.
Wir haben uns total verschätzt, es waren 1000 Liter.“ Im Unterschied
zur asiatischen Sojasauce (bei der die Sojabohnen eingeweicht und dann gekocht
werden), werden bei der steirischen
Würzsauce die Süßlupinen eingeweicht, kurz gekeimt und dann gedämpft.
Danach werden sie mit Weizenmalz vermischt und ein spezieller
Pilz, Koji, wird zugesetzt. Anschließend kommt das Gemisch in eine Kiste, in
der es „drei Tage inkubiert. Nachher
sieht es aus wie ein Camembert, außen schön flauschig weiß“. Dann
kommt es in große Tanks, wird mit Wasser und Salz vermischt und hat dort ein
halbes Jahr Zeit, zu fermentieren. „Ab dem Zeitpunkt ist es wie Wein zu
behandeln.“ Produziert wird übrigens - nach den ersten Versuchen in der Küche
des Restaurants - direkt am Weingut, wo die ganze Technik vorhanden ist. Nach
dem halben Jahr wird das Ganze mit einer Stempelpresse gepresst, filtriert und
in ein Holzfass gefüllt. Aus dem wird es je nach Bedarf
abgefüllt und pasteurisiert. „Nicht,
um es haltbar zu machen, weil haltbar ist es sowieso, sondern um den
Alterungsprozess zu stoppen“, erklärt Troißinger.
Würde man die Sauce länger in den Fässern unpasteurisiert
lagern, dann würde sie salziger und geschmacklich breiter werden. Troißinger
arbeitet schon an der nächsten Variante. Eine Süßlupinensauce, bei der statt Wasser Paradeiser verwendet
werden, fermentiert gerade
in der Experimentierküche vor sich hin.
Süßlupinen werden in der
Region ohnehin als Gründüngung angebaut.
Troißinger setzt dazu jene Paradeiser ein, die die Bauern auf den Feldern
verrotten lassen müssten, weil sie rein optisch für den Handel nicht in Frage
kommen. Auch das ist eine Idee, die dem Gedanken entspringt, möglichst
ressourcenschonend zu arbeiten. Verwendet werden kann die Würzsauce recht
vielschichtig. Zu Fisch oder gedämpftem Gemüse passe sie ebenso wie als Ripperlglasur oder auch zu
Mürbteig und als Bestandteil von Vanillekipferl. oder aber als
Salatdressing, ganz klassisch mit steirischen Käferbohnen,Kernöl
und Apfelessig.
Christof Winkler-Hermaden (l.) und Peter
Troißinger stellen aus
steirischen Süßlupinen eineWürzsauce
her, die an Sojasauce erinnert.
4 Clemens Fabry