Wo der Speck wieder schmeckt
Peter
Troißinger aus der Steiermark plädiert mit seinem neuen Kochbuch für die
rundum- Verwertung vom Fleisch und alte Nutztierrassen.
21.
November in den Nürnberger Nachrichten
Wenn Peter
Troißinger im heimischen Restaurant ins Erzählen
kommt, dann wird schnell klar, dass hier einer für seine Ideen und Ideale
brennt. Und diese reichen weit über das Hotel und Restaurant „Malerwinkl“
hinaus, wo der 31-Jährige inzwischen seinen Vater als Küchenchef abgelöst hat
und gleichzeitig vieles fortsetzt, was das Lokal in der Südost-Steiermark
bekannt gemacht hat.
Troißinger ist Koch, Erfinder, Tüftler,
Weltverbesserer und Suchender in einem. Trotz
seiner jungen Jahre hat er bereits unter zahlreichen Sterne-Köchen rund um den
Erdball gearbeitet, eine Würzsoße aus Süß-Lupinensamen entwickelt und „Woodi“,
ein Ensemble für das Anrichten und den Verzehr von Speisen, auf den Markt
gebracht. Das in diesem Jahr auch noch ein Kochbuch mit seinen Rezepten auf den
Markt kam, erscheint da nur als logische Konsequenz. Der Titel allein
macht schon neugierig. Im Interview erklärt der Querdenker die Idee dahinter
und was ihn antreibt.
Ein Kochbuch mit dem Titel „Zeit
für Fleisch!“ wirkt in der heutigen Zeit schon fast provokant. Was
unterscheidet dieses Buch von anderen Kochbüchern?
Wir wollten den Fokus auf den bewussten Fleischkonsum
richten. Alle Teile eines Tiers sind wertvoll. Das wurde in der Vergangenheit
zunehmend aus den Augen verloren. Dabei ist die Verwertungskette ganz wichtig.
Uns haben deshalb viele Fragen beschäftigt. Wie wächst das Tier auf? Was hat
das Tier gefressen? Welches Alter darf das Tier erreichen? Wie wird das Tier
geschlachtet? Wie wurde das Fleisch verarbeitet und gereift? Und nicht zu
vergessen: Um welche Rasse handelt es sich?
Warum legen Sie solchen Wert auf das Thema
alte Nutztierrassen?
Troißinger: Wenn alte Nutztierrassen nicht mehr gegessen
werden, dann sterben sie aus. Diese Rassen wurden ja aus bestimmten Gründen
gezüchtet. Wenn diese Gründe, wie zum Beispiel eine dicke Speckschicht, nicht
mehr gefragt sind, dann verlieren diese Rassen ihre Bedeutung. Heute ist auch
beim Fleisch eine konfektionierte Ware gefragt, die auf Masse und günstigen
Preis ausgelegt ist.
Was machen die
Landwirte anders, für deren Produkte Sie sich stark machen?
Troißinger: Von der Auswahl der Tierrasse, über Aufzucht
und Haltung bis zur Verarbeitung des geschlachteten Tiers - auf all´ die
Punkte richten diese Menschen ihr Augenmerk. Da spielen sich ja fast schon
Krimis ab. Die Turopolje-Schweine aus Kroatien waren
kurz vor dem Verschwinden, als durch den Jugoslawien-Krieg etliche Tiere nach
Österreich gelangten und dort die Zucht fortgesetzt wurde. Diese Rasse hat ganz
andere Qualitäten und liefert einen unvergleichlichen Geschmack. Es hört sich
paradox an, aber man isst die Tiere, um sie vor dem Aussterben zu bewahren.
Also ein Plädoyer für noch mehr
Fleischkonsum?
Keineswegs. Es geht in dem Buch um die Wertschätzung, die
wir den Tieren entgegenbringen sollten. Wir möchten dazu anregen, weniger
Fleisch zu essen, dafür ausschließlich in hoher Qualität. Beim Schweinefleisch zum
Beispiel riecht man, wie das Tier aufgewachsen ist. Aufzucht und Fütterung müssen
zum Tier passen. Solches Fleisch kostet dann auch mehr.
Sie haben ja in ihrem Restaurant ein breites Publikum. Sind die Gäste denn
überhaupt bereit, die höheren Preise zu bezahlen?
Wir müssen schon unseren Teil dazu beitragen, dass wir
damit zurechtkommen. Da wir das ganze Tier verwerten ist es eine Art
Mischkalkulation. Manche Teile sind teurer, manche günstiger. Aber ein Rind besteht
nun mal nicht nur aus Rücken. Mit der Fleisch- und Teilkunde im Kochbuch wollen
wir den Menschen näherbringen, dass jedes Teil seine Vorzüge hat und man sich
diese mit der entsprechenden Zubereitung zunutze machen kann.
Im Verbund namens „Porcella“ wird das hochwertige Bio-Fleisch auch über das
Internet vertrieben. Sehen Sie darin nicht einen Widerspruch zum Credo der
Regionalität und der kurzen Lieferwege?
Die Ware muss ja schon zum Klientel kommen, das sich
solches Fleisch leisten will und kann. Ich denke, das darf man nicht zu
dogmatisch sehen. Die Landwirte brauchen verlässliche Vertriebswege wie
Restaurants, Einzel- oder Versandhandel, damit sie kalkulieren können und ihre
Einnahmen gesichert sind. Im Übrigen nutzt einem die ganze Regionalität nichts,
wenn das Produkt Mist ist. Ich plädiere für ein Augenmaß zwischen Qualität
und Regionalität. Während bei Fleisch aus dem Supermarkt häufig
lediglich der Ursprung in Österreich bekannt ist, weiß man im Fall
von Porcella, dass die Tiere von Waldviertler
Bio-Landwirten stammen und diese ohne lange Transportwege zurückzulegen in der
Region vom Bio-Fleischer geschlachtet wurden.
Neben dem Kochbuch haben Sie in den
vergangenen Jahren mit einer ungewöhnlichen Würzsoße in Österreich für gewisses
Aufsehen gesorgt. Was hat es damit auf sich?
Ich hatte das Glück, dass ich in Wien, bei einem meiner
früheren Küchenchefs, Herrn Reitbauer dem 2 Sterne und 4 Hauben Koch im Steirereck Wien viel
ausprobieren durften. Wir wollten damals dem Geheimnis der fermentierten
Sojasoße und dem dafür verwendeten Pilz auf die Spur kommen. Das hatte was
Mystisches. Wir sind da irgendwann nicht mehr weitergekommen und haben es sein
lassen. Ich habe mich erst einige Jahre später erneut mit dem Thema
Fermentierung beschäftigt und viel ausprobiert und getestet. Unter anderem bin
ich so auf die Lupine gestoßen, die für mich in vielerlei Hinsicht optimal ist.
Die Pflanze ist ein super Bodenverbesserer und kann
regional angebaut werden. Am Ende des Verarbeitungsprozesses steht dann ein Geschmack
in der Würzsoße den ich „pures umami“ nenne.
Sie waren ja viel in
der Welt unterwegs, was sich auch in ihrer Küche widerspiegelt. Verraten Sie
uns zum Schluss noch ihr Lieblingsrezept?
Troißinger: Das ist meine Rindssuppe mit
Leberknödel und Mandarinenschale. Der Drei-Sterne-Koch Alvin Leung hat mich in
Hongkong einmal zu seinem Neffen zum Essen mitgenommen und die Suppen dort
waren ein echtes Erlebnis. Natürlich nicht mit Leberknödel. Steirisch-asiatisch
erscheint mir jedoch als eine gute Mischung.
INTERVIEW: MATTHIAS OBERTH
www.malerwinkl.at